Sie kennen das sicherlich: Unser Gehirn assoziiert bei gewissen Begriffen automatisch ein Gefühl des Wohlwollens oder der Abneigung. So erlebe ich das auch immer wieder mit gewissen Reisezielen, persönlich oder im Gespräch mit unseren Kunden. So zum Beispiel die Stadt Belfast, die nordirische Hauptstadt, eine Stadt die ich persönlich sehr mag. Aber trotz des seit vielen Jahren anhaltenden Friedens wird die Metropole noch immer in vielen Köpfen mit dem Nordirland Konflikt, mit Terror und der IRA (Irish Republican Army) in Verbindung gebracht.
Welche Bilder haben Sie von Liverpool?
Liebe Leserin, lieber Leser, was für Bilder schiessen Ihnen bei der Stadt Liverpool vor dem imaginären Auge vorbei? Wahrscheinlich Begriffe wie schmutzig, Arbeiterstadt, Armut und vielleicht spielt auch noch die Nase mit – ein Geruch von Brackwasser und versifften Hafenkneippen. Etwas wohlwollendere Begriffe vielleicht noch die Beatles und natürlich bei Liebhabern des ledernen Balls, der FC Liverpool.
Reisen korrigiert Bilder
Reisen hat ja die schöne Angewohnheit, dass es Bilder korrigieren, ins rechte Bild rücken oder teilweise auch zementieren kann; das ist bei mir nicht anders.
Als ich das erste Mal in die nordenglische Stadt reisen durfte, hatte ich genau diese negativ geprägten Attribute in mir. Dies wurde mir eigentlich schon bei der Ankunft am Flughafen Manchester bestätigt (Anmerkung: Manchester liegt ca. 1 Stunde südöstlich von Liverpool). Grauer, nasser Nebel lag über diesem maroden Flughafen, wo nichts organisiert schien. Mühsam musste man sich durchfragen, wo die Überlandbusse verkehren. Auch hier merkte man bald, dass man sich im Norden Englands befindet. Die Antworten im hiesigen Dialekt entsprachen nicht dem „British English“, welches man sich aus der Schulzeit gewöhnt ist und man musste genau hinhören, ja auch den Mut aufbringen, ein zweites oder drittes Mal nachzufragen.
Der Weg nach Liverpool
Endlich sitze ich im Bus nach Liverpool. Rechterhand zieht die Agglomeration der Grossstadt Manchester vorbei. Sofort hatte ich mal wieder ein Bild vor mir – die „Manchester Hosen“ – welche ich als Kind tragen musste und die für mich schon damals nicht modisch waren. Aus dem sich hartnäckig haltenden Nebel, erkennt man den britischen Häuserbau. Es erweckt den Anschein, dass es auf der Insel nur einen Architekten gibt und alles im gleichen Stil gebaut wird. Riesige Quartiere mit kleinen, einstöckigen Reiheneinfamilienhäusern mit kleinem, gepflegtem Vorgarten. Zum Glück gibt es auch in Grossbritannien Hausnummern, anhand des Hauses würde man den Nachhauseweg nicht finden.
Düster steigt am Horizont der 133 Meter hohe „Radio City Tower“ auf – das markante Wahrzeichen Liverpools. Der Radio City Tower kann besichtigt werden und von der Aussichtsplattform des heutigen Radiostudios erhält man einen fantastischen Rundblick bis hin zum wohl heiligsten Ort der Stadt. Wer hier an eine Kathedrale denkt, liegt falsch.
Fussballfieber und die Beatles
Der wohl meistverehrte Ort ist „Anfield“ mit seinem heiligen Rasen, das Stadion des legendären Fussballclub FC Liverpool. Die „Liverpudlians“, wie man die Einwohner der Stadt nennt, dürfen durchaus als Fussball verrückt bezeichnet werden. Neben dem FC Liverpool spielt mit dem Stadtrivalen FC Everton gleich ein zweiter Club in der obersten englischen Liga und dies nur gerade mal 500 Meter entfernt. Die Stars aus der Fusball Szene lachen einen auch gefühlt aus jedem zweiten Schaufenster der Stadt an. Nur bei jedem zweiten? – Ja, die anderen Schaufenster sind geprägt zu Ehren der wohl bekanntesten Söhne der Stadt; den legendären Pilzköpfen, den Beatles, welche den Namen der Stadt in die Welt hinausgetragen haben. Ihre Lieder beziehen sich vielmals auf ihre Jugend in der Stadt am Fluss Mersey. So gibt es die legendäre „Penny Lane“ und der Coiffeur (Barber) an der Ecke existiert nach wie vor. Aber auch „Strawberry Field“ oder das Grab von „Eleanor Rigby“ sind real. Natürlich darf in diesem Zusammenhang der Besuch des wohl bekanntesten Kartoffelkellers der Welt – dem „Cavern Club“ – nicht fehlen. Hier spielten die Beatles (nebst den Rolling Stones, Elton John und vielen anderen Künstlern) 292 Konzerte. Noch heute treten hier zahlreiche Musiker auf und verleihen dem muffigen und heissen Gewölbe alten Glanz.
Das pulsierende Albert Dock
In Liverpool ist vieles anders; traditionell erachten wir das Zentrum einer Stadt wahrscheinlich mit einem Marktplatz und dazugehörender Kirche. Unbestrittenes Zentrum ist heute das Hafenviertel mit dem im roten Backstein erbauten „Albert Dock“. Hier befinden sich zahlreiche Museen, Künstlerateliers und eine lebendige Ausgangszene und von hier aus betritt man auch eines der zahlreichen Schiffe für eine lohnenswerte Hafenrundfahrt.
Ein Tor zur nordenglischen Region
Die nordenglische Stadt ist aber auch guter Ausgangspunkt für einen Abstecher in die landschaftlich schöne Region des „Lake District“ oder nach Chester. Die Kleinstadt Chester liegt lediglich eine Stunde südlich von Liverpool. Ursprünglich von den Römern gegründet ist die Stadt heute geprägt von engen Strassen gesäumt von wunderschönen Fachwerkhäusern. Persönlich gehört die Stadt zu den Schönsten in England.
Schlusswort
Liverpool habe ich als spannende, interessante und kulturelle Stadt erlebt, die vielleicht nicht durch Schönheit besticht, sondern durch seine Lebendigkeit und Vielfalt. Aber auch die ganze Region Nordenglands, bei uns eher unbekannt, ist ein Besuch wert.