Irische Trockenmauern, ein UNESCO-Welterbe zum Anfassen

Die Kunst des Trockenmauerns steht endlich im verdienten Rampenlicht, ausgezeichnet als UNESCO-Welterbe. Erleben Sie dieses uralte Handwerk hautnah und werden Sie selbst Teil der Geschichte. Im Workshop haben Sie die einmalige Gelegenheit, Ihr eigenes Stück Weltkulturerbe zu erschaffen.

Jahrtausendealte Kunst mit modernem Glanz

Trockenmauern sind ein vertrauter Anblick in der irischen Landschaft. Sie schlängeln sich durch grüne Felder, rahmen Weiden ein und trotzen seit Jahrhunderten Wind und Wetter – ganz ohne Mörtel oder Zement. Diese Naturbauwerke sind weit mehr als nur Grundstücksgrenzen: Sie sind ökologische Oasen und lebendige Geschichtsbücher zugleich. Die sorgfältig gesetzten Steine schaffen nicht nur eine erstaunliche Stabilität, sondern auch Lebensräume für Insekten, Reptilien und andere Kleintiere, die sich in den Fugen ansiedeln.

Die Anerkennung dieser traditionsreichen Bauweise von der UNESCO als Immaterielles Weltkulturerbe, würdigt nicht nur die handwerkliche Kunstfertigkeit, sondern auch den ökologischen und sozialen Wert dieser Bauwerke.

Eine Ehre für Irland

Die UNESCO hat bereits 2018 die Kunst des Trockenmauerns unter dem Titel „The Art of Dry Stone Walling: knowledge and techniques“ in die Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Kürzlich wurde diese Anerkennung erweitert – sowohl inhaltlich als auch geografisch. Die aktualisierte Liste, nun unter dem Titel „The Art of Dry Stone Constructions: knowledge and techniques“, inkludiert neben den ursprünglichen Ländern wie Frankreich, Italien und Griechenland nun auch Andorra, Belgien, Luxemburg, Österreich – und Irland.

Für Irland ist dies bereits der fünfte Eintrag in die Liste des Immateriellen Kulturerbes. Neben dem Trockenmauern sind auch das Uilleann-Piping (irischer Dudelsack), Hurling, die Falknerei und das Harfenspiel als bedeutende Kulturgüter anerkannt. Zusätzlich schmücken zwei „echte“ UNESCO-Welterbestätten die Insel: das prähistorische Ensemble von Brú na Bóinne und das abgelegene Kloster auf Skellig Michael.

Die Mourne Wall, ein Meisterwerk der Trockenbaukunst

Irlands Trockenmauern erstrecken sich über mehrere hunderttausend Kilometer – eine genaue Zahl kennt niemand. Doch eines ist sicher: Die längste zusammenhängende Trockenmauer Irlands ist die Mourne Wall in Nordirland. Sie schlängelt sich auf beeindruckenden 35 Kilometern über 15 Gipfel der Mourne Mountains, darunter auch den 850 Meter hohen Slieve Donard, den höchsten Berg Nordirlands. Zwischen 1904 und 1912 errichtet, besteht die Mauer vollständig aus lokalem Granit und wurde ursprünglich gebaut, um das Wassereinzugsgebiet der Mourne Mountains zu schützen.

Erschaffen Sie selbst eine Trockenmauer im Workshop

Wer die Kunst des Trockenmauerns selbst erlernen möchte, hat in den Mourne Mountains die Gelegenheit dazu. Jenny und Mark Hanna bieten mit ihrem Workshop „Mourne Stone Walling“ eine einzigartige Gelegenheit, diese uralte Technik hautnah zu erleben. Der Workshop startet mit einer Wanderung entlang der Mourne Wall, bei der die Teilnehmer nicht nur die beeindruckende Landschaft geniessen, sondern auch spannende Hintergrundinformationen zur Bauweise erhalten.

Im praktischen Teil des Workshops zeigt Mark, ein erfahrener Trockenmaurer, wie man Steine sorgfältig auswählt, vermisst und passgenau aufschichtet. Unter seiner Anleitung wird Stein für Stein gesetzt, ganz im Sinne des „frühen irischen Legos“, wie Mark es liebevoll nennt. Neben der Technik vermittelt der Workshop auch die Philosophie hinter diesem Handwerk: Geduld, Achtsamkeit und ein respektvoller Umgang mit der Natur.

Nach getaner Arbeit können die Teilnehmer bei Tee und Kuchen im Freien ihre eigenen Mauerstücke bewundern.

Mehr als Steine aufeinander

Die UNESCO betont die soziale Dimension des Trockenmauerbaus: „Der Trockenmauerbau ist eine von Natur aus soziale Praxis und fördert den Zusammenhalt durch die Weitergabe der damit verbundenen Techniken und Kenntnisse an zukünftige Generationen.“

Diese Tradition lebt von der Gemeinschaft – vom gemeinsamen Lernen, Arbeiten und dem Austausch über Ländergrenzen hinweg. Workshops wie jener von Jenny und Mark Hanna sind nicht nur eine Hommage an dieses alte Handwerk, sondern auch ein Beitrag zur Bewahrung kultureller Vielfalt.

Mourne Mountains – Filmkulisse und Inspirationsquelle

Die Mourne Mountains sind nicht nur ein Paradies für Wanderer und Naturfreunde, sondern auch ein beliebter Drehort. Die raue Schönheit der Region diente als Kulisse für epische Filmszenen – darunter auch für die Erfolgsserie „Game of Thrones“. Der nahegelegene Tollymore Forest Park wurde zum „Verfluchten Wald“, wo die Wächter der Nacht auf die Weissen Wanderer trafen. Auch C.S. Lewis liess sich von den Mourne Mountains inspirieren. Der in Belfast geborene Schriftsteller sah in den Gipfeln die Landschaft Narnias und beschrieb sie einst als einen Ort, an dem „jeden Moment ein Riese sein Haupt über den nächsten Bergkamm erheben könnte“.

Fazit

Die Anerkennung der irischen Trockenmauern als Immaterielles Weltkulturerbe ist ein wohlverdientes Lob für ein Handwerk, das seit Jahrtausenden Menschen, Landschaften und Kulturen verbindet. Wer diese Tradition hautnah erleben möchte, findet in den Mourne Mountains nicht nur imposante Naturbauten, sondern auch die Möglichkeit, selbst Teil dieser Geschichte zu werden – Stein für Stein.

Menü